X-Beine

X-Beine
© shutterstock.com

X-Bein oder Valgus-Knie ist eine Fehlstellung des Beines, bei der die Hüfte eine Adduktionsstellung (das Knie verlagert sich nach innen) und Innendrehung aufweist: mit parallelen Oberschenkeln entfernen sich die Knöchel voneinander.

In den ersten 18 Lebensmonaten befindet sich das Knie in Varusstellung (nach auswärts).
Diese Fehlstellung kann man auch oft bei Fußballspielern beobachten.

Ärztin,orthopädisch,Valgus-Knie
© fotolia.com

Bei Kindern zwischen 18 und 24 Monaten sind die Gelenke von Hüfte, Knie und Knöchel normal oder gerade (die Beine verlaufen parallel). Ist das Kind zwischen 2 und 5 Jahre alt, ist eine Valgusstellung (nach innen) normal. Danach richten die Knie sich wieder neutral aus.

Diese Fehlstellung tritt bei Mädchen häufiger auf, doch auch Jungen können sie entwickeln.
Gewöhnlich tritt sie bilateral auf, ist also in beiden Knien vorhanden.
Die Fehlbildung ist zu sehen, wenn das Kind 2 oder 3 Jahre alt ist, und kann sich bis zum 4. Lebensjahr noch verschlechtern.
Die Valgusstellung der Knie kann sich bis zum 7. oder 8. Lebensjahr von allein korrigieren. Selten verbleibt die Fehlstellung bis zum Jugendalter bestehen.

Vor dem 6. Lebensjahr sollte das Kind einer ärztlichen Untersuchung unterzogen werden, anderenfalls können Knochenfehlbildungen (krankhafte Valgusstellung der Knie) bestehen bleiben.
Die Fehlbildung kann schwerwiegend werden.
Übergewicht schadet den Kniegelenken und kann zu Problemen beim Gehen führen.

 

Inhalt

Komplikationen und Konsequenzen

Normalerweise haben junge Menschen keine Probleme, doch Erwachsene oder ältere Menschen können einen Verschleiß von Knorpel und Meniskus an der Außenseite aufweisen. Dadurch könnten sie eine Arthrose vor allem im seitlichen Kniebereich entwickeln.

 

Warum entsteht eine Valgusstellung im Kniegelenk? Was sind die Ursachen des Valgusknies?

Studien bestätigen, dass das Valgusknie von vier bestimmten Faktoren verursacht wird.
Im Folgenden werden die vier Ursachen in der Reihenfolge der wahrscheinlichsten zur weniger wahrscheinlichen aufgeführt.

1. Kraftlosigkeit im Becken
Muskelschwäche im Gesäß (kleiner Gesäßmuskel, mittlerer Gesäßmuskel, großer Gesäßmuskel und Außenrotatoren der Hüfte) zusammen mit erhöhtem Muskeltonus der Abduktoren verhindert die Stabilisation des Oberschenkelknochens. Die Flanken verlagern sich nach innen und die Hüften drehen nach innen. Sind die Abduktoren stärker als die Außenrotatoren (Gesäßmuskel/Hüfte), bekommt das Knie einen „Zug“ in Valgusstellung.

2. Knöchelsteifigkeit
Die Verminderung der Dorsalflexion (Anheben der Zehen) des oberen Sprunggelenkes und die Muskelschwäche von Gastrocnemius, Soleus und Tibialis anterior verhindern die Beinstreckung für ein richtiges Gehen. Das führt zu einer Pronation der Füße (der Fuß dreht sich nach außen und das Sprunggelenk dreht nach innen). Daraus folgt eine Innenrotation und Adduktion der Hüfte. Die Folge ist eine X-Bein-Stellung.

3. Quadrizepsschwäche
Wenn der Musculus vastus medialis (innere Schenkelmuskel) schwach ist, stabilisiert er das Knie nicht. Das führt zu einer „schielenden“ Patella (die Kniescheibe schaut nach außen) und das Knie tendiert nach innen, also in eine Valgusstellung.

4. Schwäche der ischiocruralen Muskeln
Eine Schwäche der mittleren und hinteren Muskeln des Oberschenkels (M. semimembranosus und M. semitendinosus) ermöglicht keine Stabilisierung des Kniegelenks. Das Gelenk „verschiebt“ sich zur Mitte (ähnlich dem, was beim inneren Schenkelmuskel geschieht), jedoch auf der hinteren Seite des Oberschenkels.
Das Kniegelenk erfährt eine Kombination dieser Faktoren, aber wenn sich eine Fehlstellung bildet, ist das nicht nur eine orthopädische Störung (Muskelkraft und Flexibilität), sondern auch ein Problem der Nerven.

 

Gibt es noch andere Faktoren, die ein X-Bein begünstigen?

Die Anatomie spielt beim Valgusknie eine wichtige Rolle. Faktoren, die diese Kniestellung beeinflussen, sind:

  • Beckenbreite
  • Winkel der Hüftpfanne (Teil des Beckens, in dem der Oberschenkelknochen eintritt)
  • Form des Oberschenkelknochens
  • Struktur des Kniegelenks
  • Verlauf des Schienbeins
  • Form des Sprunggelenkes
  • Größe des Fußes
  • Schlaffheit der Bänder

Manche Menschen neigen verstärkt zur X-Bein-Bildung.
Wie gesagt, wird das Valgusknie durch einen Kraftverlust der Hüfte oder durch eine verringerte Mobilität im Sprunggelenk verursacht.

 

Symptome des Valgusknies

Gewöhnlich verläuft die X-Beinstellung über viele Jahre hinweg asymptomatisch. Doch im Laufe der Zeit kann es Knieschmerzen im Innenbereich verursachen.
Der Betreffende geht mit angenäherten Knien, doch wenn nur auf einer Seite ein Valgusknie besteht (monolateral), kommt es zur Fehlhaltung des Rückens, der von einer Seite zur anderen schwingt.
Die Stabilität des Kniegelenks verringert sich.

 

X-Beine
X-Beine
© Massimo Defilippo

Diagnose des Valgusknies

Die Schwere der Valgusstellung im Kniegelenk wird durch die Messung der intermalleolaren Distanz (Abstand der Fußgelenkknöchel voneinander) bei geschlossenen Knien festgestellt.

  1. Grad (physiologisch) bis zu 2,5cm
  2. Grad (leichtgradig) zwischen 2,5 und 5 cm
  3. Grad (mäßiggradig) zwischen 5 und 7,5 cm
  4. Grad (hochgradig) über 7,5 cm

 

Was tun? Wie werden X-Beine behandelt?

Unter den natürlichen Heilmitteln gibt es korrigierende Übungen für das Fitnessstudio oder für zu Hause:

1. Übung
Der Patient liegt auf der Seite des betroffenen Kniegelenks. Er beugt das gesunde Knie zum rechten Winkel und stützt den Fuß vor dem Valgusknie auf, dann streckt er das untere Bein, der Fuß muss dabei in Hammerstellung sein.
Dann das am Boden liegende Bein anheben, es immer gestreckt halten (man spürt den Kraftaufwand an der Innenseite des Oberschenkels). 10-12 Wiederholungen, dann Beinwechsel.

2. Übung
Eine Adduktion der Beine durchführen (Knie zueinander bewegen), dabei mit einem Ball auf einem Stuhl sitzen. Den Ball zwischen den Knien positionieren und die Beine fest zusammendrücken.
10 Wiederholungen durchführen.

Übung,x-Beine,Ball
© Massimo Defilippo

3. Übung
Die Übung beginnt im Liegen (Rückenlage). Beide Beine anheben, die Knie beieinander und gestreckt. Sobald sie mit dem Rücken einen rechten Winkel bilden, die Beine öffnen und schließen. 10-12 Wiederholungen durchführen und 30-40 Sekunden ausruhen. Die Übung 3-mal wiederholen.

4. Übung
Diese Übung ähnelt der vorhergehenden. Man beginnt in Rückenlage und hebt ein Bein an. Am besten beugt man das andere Bein, um den Rücken nicht übermäßig zu belasten. Mit dem angehobenen Bein werden nun 5-8 Kreise im Uhrzeigersinn durchgeführt (als würde man ein O zeichnen) und 5-8 Kreise gegen den Uhrzeigersinn. Das Bein ablegen und dieselbe Übung mit der anderen Bein wiederholen.

Übungen zur Stärkung der Muskeln des äußeren Oberschenkels (Abduktoren) möglichst unterlassen.

Zu den erlaubten Sportarten gehören Radfahren (Radsport) und Schwimmen mit moderater Intensität.
Bei einer hochgradigen Valgusstellung ist Joggen nicht empfehlenswert.

Der Orthopäde verordnet manchmal eine starre Knieorthese, um das Gelenk in seiner Achse zu halten, doch das Kind (oder der Erwachsene) toleriert diese nicht für längere Zeit.
Der Arzt kann Einlagen empfehlen, die den Fuß stützen und die Ausrichtung des Kniegelenks verbessern.

Osteopathie ist eine manuelle Therapieart, die die Ausrichtung des Knies bessern kann, indem sie bestehende Muskelverspannungen löst und die Gelenke entblockt.

 

Knie,Anatomie
© fotolia.com

Chirurgischer Eingriff

Wann operieren?
Wenn die Valgusstellung größer als 8° ist, empfiehlt der Orthopäde einen chirurgischen Eingriff.

Osteotomie
Unter den Lösungen für den Hallux valgus richtet die proximale (hohe) Osteotomie des Schienbeins das Kniegelenk aus und steigert die Kraft.
Die Keilosteotomie ist ein offenes Operationsverfahren, das seit 30 Jahren angewandt wird. Der Chirurg entfernt einen seitlichen Knochenkeil aus dem Schienbein.

In den letzten Jahren wird die Keilosteotomie mit resistenten Befestigungsplatten durchgeführt. Der Arzt schneidet die Tibia ein, begradigt das Knie und füllt die „Leere“, die entstanden ist, mit autologem (Beckenkamm) oder synthetischem Material (Hydroxylapatit) aus.
Diese Technik erhält die Anatomie der proximalen Tibia und des Knochengewebes. Das erlaubt eine zukünftige Operation einer Knieprothese und eine genauere Korrektur des Gelenks. Und schließlich verhindert es eine Verletzung des Peroneusnervs und des Femoropatellargelenks.

HTO-Technik
Der Patient wird in Rückenlage positioniert und der Eingriff vorbereitet. Über eine Arthroskopie werden die Menisken und der Gelenkknorpel beurteilt.
Bei dem chirurgischen Eingriff führt der Chirurg einen vertikalen Einschnitt über dem Ansatz des Pes anserinus zwischen dem medialen Rand des Kniescheibenbandes und dem hinteren Rand des Schienbeins (Tibia) durch.

Man schneidet den Musculus sartorius ein, um den Bizeps femoris freizulegen.
Man führt einen „Führungsdraht“ in den proximalen Teil der Tibia von innen nach außen ein. Der Führungsdraht wird in Höhe des Tuberculum tibiale positioniert und durchdringt ihn schräg um etwa 1 cm.
Der Führungsdraht endet unter der gemeinsamen Gelenklinie (Raum zwischen den zwei Knochen) an der Seite des Schienbeins.
Die Osteotomie wird mit einer chirurgischen Säge fortgesetzt, indem man dem Führungsdraht folgt, um eine Gelenkfraktur zu verhindern. Kurz bevor die Osteotomie abgeschlossen wird, befestigt der Arzt die 2 Keile mit Schrauben.
Durch die Führung wird sichergestellt, dass der Teil des Schienbeins, der das Gewicht des Körpers trägt, nicht eingeschnitten wird.
Die Platte wird im oberen Teil mit 6-7 mm langen Schrauben und im unteren Teil mit 4-7 mm langen Schrauben fixiert.
Der Beckenkamm oder das synthetische Substrat wird in die Keilöffnung eingesetzt, um eine Pseudarthrose oder Heilungsverzögerungen zu vermeiden.

 

Postoperativer Verlauf


Der Krankenhausaufenthalt in der orthopädischen Abteilung dauert 2-5 Tage.
Die innere Fixation erlaubt dem Patienten, unverzüglich mit den physiotherapeutischen Übungen und der Rehabilitation zu beginnen, und ermöglicht eine schnelle Genesung. Der Bewegungsumfang ist ausreichend, um mit der Kräftigung zu beginnen.
Der Physiotherapeut mobilisiert das Bein bereits am Tag nach der Operation.
Es wird mit einer passiven/aktiven Mobilisation am gestreckten Bein begonnen. Die Orthese wird am zweiten Tag entfernt. Von da an kann man das Bein strecken.

 

Übungen zur Rehabilitation

Zu Beginn führt der Physiotherapeut passive Bewegungen durch, doch sobald wie möglich muss der Patient aktiv mitarbeiten.

Im letzten Teil der Rehabilitation ist es üblich, die Muskeln mit Hilfsmitteln zu kräftigen: Beinpresse und Beinbeuger.
In den ersten 3 Wochen sollte die Rehabilitation ohne Gewichte erfolgen. Diese sollte man erst nach einer Röntgenkontrolle einsetzen.
Die betreffende Person beginnt am Ende des dritten Monats mit dem Gehen ohne Gehhilfen.
Wird die Rehabilitation korrekt durchgeführt, werden die Muskeln gekräftigt und gedehnt, während die Koordination und das Gehen verbessert werden.

 

Mehr lesen: