Piriformis-Syndrom

Piriformis-Syndrom

 

Das Piriformis-Syndrom ist ein äußerst schmerzhafter Zustand, der durch die Verspannung, Verkürzung, Verdickung und Hypertrophie des Piriformis-Muskels verursacht wird.


Äußerst nachteilig für die Patienten, die unter dem Syndrom des birnenförmigen Piriformis-Muskels leiden, ist der geringe Bekanntheitsgrad dieser Pathologie.
Eine durch Silver und Leadbetter durchgeführte Untersuchung (1998) besagt, dass von 65 befragten Ärzten 7% die Existenz dieser Erkrankung abstreitet und 21% die Frage “was ist das” nicht beantworten kann oder vage reagiert.

Demzufolge wird dieses Syndrom häufig nicht diagnostiziert oder mit einer Lumboischialgie verwechselt.

Der Piriformis-Muskel kann sich überentwickeln (Hypertrophie) und verhärten und das sogenannte Piriformis-Syndrom auslösen.
Eine Fehlfunktion des Piriformis-Muskels kann eine Vordrehung des Beckens verursachen.

Das Piriformis-Syndrom tritt fast immer auf der linken Seite auf. Dieses Syndrom, das auch als Entzündung des Sehnenansatzpunktes am großen Rollhügel des Oberschenkelknochens bezeichnet wird, trifft vorwiegend Frauen (in einem Verhältnis von 6:1 gegenüber Männern), in den schwereren Fällen können die täglichen Aktivitäten beeinträchtigt sein.
Dieser Muskel sorgt für die Auswärtsdrehung des Oberschenkels bei Hüfte in neutraler Stellung; ist die Hüfte dagegen um mehr als 90° gebeugt, dreht er sie nach innen.

Bei 80-90% aller Personen verläuft der Ischiasnerv vor dem Piriformis-Muskel, bei 10-15% zieht er ganz oder teilweise durch den Muskel, die restlichen Fälle sind zweigeteilt: Wadenbein- und Schienbeinanteil, der hinter bzw. vor dem Muskel verläuft.
In der Regel handelt es sich um eine einseitige Störung, aber in manchen Fällen kann sie mit der Zeit bilateral werden.

Inhalt

Anatomie des Musculus piriformis

Der Musculus piriformis ist ein dünner, pyramidaler Muskel, der in drei Faserbündel unterteilt ist und am Kreuzbein auf Höhe von S2-S4 entspringt; es ist der einzige Muskel mit direktem Ursprung an diesem Knochen. Er verläuft horizontal und schräg nach unten, unterhalb des kleinen Gesäßmuskels, des Gluteus minimus, und oberhalb der Zwillingsmuskeln (Musculi gemelli) und des inneren Hüftlochmuskels (Musculus obturator internus).
Die Sehne des Piriformis-Muskels setzt an der Spitze des großen Rollhügels (Trochanter major) an und verläuft im hinteren Beckenbereich.

 

Symptome des Piriformis-Syndroms

Gesäßmuskel Piriformis, Ischiasnerv

Die Betroffenen verspüren Schmerzen tief im Gesäß, möglicherweise mit Ausstrahlung hinten am Oberschenkel entlang bis zum Knie. Die größten Schmerzen treten bei Drehbewegungen auf, besonders beim Umdrehen im Bett und beim Übereinanderschlagen der Beine im Sitzen.
 Die schmerzhaften Stiche machen sich vorwiegend im Sitzen bemerkbar, weil das Gewicht auf dem Piriformis-Muskel liegt; aber auch beim Gehen können die Beschwerden nach wenigen Minuten auftreten.

Ischiasbeschwerden durch “Einengung”, nicht durch Bandscheibe

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Piriformis-Muskel
© Sebastian Kaulitzki – Fotolia.com


Ischiasbeschwerden können durch das Piriformis-Syndrom verursacht werden, d.h. wenn der Ischiasnervs durch den angrenzenden Muskel  eingeengt wird.
Der Lasègue-Test ist gewöhnlich negativ, aber die gegen Widerstand ausgeführten Abspreiz- und Heranführbewegungen verursachen fürchterlich starke Schmerzen. Ziehen die Schmerzen bis zum Knie, hinken manche Patienten beim Gehen, weil jeder Schritt in dieser Gegend große Schmerzen erzeugt; der Mehrheit der Betroffenen bringen Gehen und Bewegung jedoch Erleichterung.

Ischiasschmerzen sind schier unerträgliche Schmerzen und können durch Bandscheibenvorfall, tumorale Masse, Lumbalstenose, Bluterguss in der ischiocruralen Muskulatur (Semimembranosus, Semitendinosus und zweiköpfiger Oberschenkelmuskel) verursacht werden, wie auch durch den Piriformis-Muskel, der im Falle einer Entzündung an Volumen zunimmt und den Ischiasnerv komprimiert, wodurch schmerzhafte Stiche in der Gesäßregion und im Bein entstehen.
Das kommt häufiger vor, als man denkt; eine Studie zeigt, dass bei 240 Patienten Schmerzen im Verlauf des Ischiasnervs zu 40%  durch das Piriformis-Syndrom bedingt waren.
Oft wird die durch Bandscheibenvorfall verursachte Lumboischialgie mit dem Piriformis-Syndrom verwechselt, weil beide Pathologien Schmerzen entlang des Ischiasnervs erzeugen.
Außerdem können diese Schmerzen mit den Schmerzen verwechselt werden, die durch die Degeneration und Rissbildung des äußeren Bestandteils der Bandscheibe, dem Faserknorpelring, entstehen; die Symptome treten in der oberen Gesäßregion und am Beckenkamm auf.
Selten kommt es vor, dass der Schamnerv (Nervus pudendus)  am Sitzbeinhöcker eingeklemmt wird.
Beim Piriformis-Syndrom besteht Hypertrophie des Muskels oder Einengung des Ischiasnervs.
Die Kompression entsteht entweder durch Drücken des Nervs gegen den Außenbereich des großen Sitzbeinlochs (Foramen ischiadicum majus) oder durch das Einklemmen des Nervs zwischen den Faserbündeln des Piriformis.

Der Unterschied zwischen Piriformis-Syndrom und Lumboischialgie liegt im Ursprungsort der Schmerzen; im ersten Fall entstehen sie an den Kreuzbeinwirbeln, wo sie eine minimale Intensität aufweisen, während sie im zweiten Fall von der Lendenregion ausgehen und sehr stark sind, besonders beim Strecken im Stehen.
Eine Dysfunktion des Piriformis-Muskels kann durch Schmerzen in der Leistengegend, im Unterleib und im gesamten Oberschenkel begleitet sein.

 

Die Ursachen des Piriformis-Syndroms

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Zu den häufigsten Ursachen gehören:

  • direktes Trauma am Gesäß,
  • eine heftige Bewegung,
  • falsche Körperhaltung,
  • unkorrektes Abrollen des Fußes,
  • ein chirurgischer Eingriff, wodurch in diesem Bereich Bindegewebsadhärenzen entstanden sind.

Operationen im Unterleib und Beckenbereich führen häufig zur Bildung von Adhärenzen, die den Aufbau und die Dynamik des Rumpfes verändern, was zu Dysfunktion und Verkürzung des Piriformis-Muskels führen kann.
Ein nicht sonderlich intensiver Schmerz kann auch durch die Dysmetrie der unteren Extremitäten oder durch eine Fehlhaltung, bei der der Muskel angespannt bleibt, verursacht werden.
Sportler leiden nur selten unter diesem Syndrom, wenn dann sind vorwiegend Läufer und Tänzer betroffen, aber es kann infolge einer Knöchelverstauchung entstehen.

Diagnose des Piriformis-Syndroms

An wen kann man sich wenden, wenn Symptome des Piriformis-Syndroms auftreten? Zuständig sind Heilpraktiker und Orthopäde. Wird das Piriformis-Syndrom diagnostiziert, muss die Behandlung durch einen Experten in manueller Therapie erfolgen: Physiotherapeut oder Osteopath.
Man kann verschiedene Tests durchführen:

  1. Beim Freiberg-Test liegt der Patient auf dem Bauch und führt eine Innenrotation der Hüfte aus, wobei das Knie nach außen gedreht wird.
  2. Der Test nach Pace und Nagle wird durchgeführt, indem der auf der Liege sitzende Patient die Hüfte gegen Widerstand isometrisch nach außen dreht und abspreizt.
  3. Palpation des Gesäßmuskels auf Höhe des Ansatzpunktes am großen Rollhügel und Druck auf den zentralen Muskelbauch; das sind die beiden schmerzhaftesten Punkte, bei denen der am Piriformis-Syndrom leidende Patient normalerweise „aufschreckt”.
  4. Weitere diagnosesichernde Tests: Test nach Saudek, nach Mirkin, nach Faber.

Piriformis-Syndrom

Faber-Test

Ein einfacher Test zur Beurteilung des Zustands von Piriformis und den anderen Außenrotatoren der Hüfte besteht im Übereinanderschlagen der Beine, wie das häufig Männer zu tun pflegen; wer unter diesem Schmerzsyndrom leidet, dem wird dies – wenn überhaupt – nur unter größten Schwierigkeiten gelingen.

Differentialdiagnose
Schmerzen im oberen Bereich des Gesäßes kann auch durch eine Sakroiliitis bedingt sein, d. h. eine Entzündung des Kreuzbein-Darmbein-Gelenks (Iliosakralgelenk); eine Röntgenaufnahme kann den Zustand des Gelenks zeigen, eine Resonanz gibt eine komplette Übersicht dieser Region; die Spondylitis ankylosans kann diese Beschwerden verursachen.

 

Was tun? Die Behandlung des Piriformis-Syndroms

Es gibt viele Behandlungsmethoden für diese Erkrankung, es können Medikamente eingenommen oder physiotherapeutische Maßnahmen angewendet werden.
Erste Wahl bei den Arzneimitteln sind nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) und Muskelentspannungsmittel (Muskelrelaxantien); manche Ärzte verschreiben auch Anästhetika oder Corticosteroide.
Der Orthopäde kann Kortisoninjektionen direkt in den Muskel spritzen, was zwar die Entzündung lindern kann, aber die Verspannung nicht löst.

Von den physikalischen Therapien empfiehlt sich der Massage-Ultraschall, d.h. während der Behandlung muss der Muskel massiert werden; die Symptome sind normalerweise am Ende des Behandlungszyklus verschwunden; die Therapie ist ein wenig schmerzhaft, hat aber keine für Gegenanzeigen, wie dies bei Arzneimitteln der Fall ist.
Während der Durchführung der instrumentalen Physiotherapie  sollten Außenrotationsbewegungen durchgeführt werden, weil dadurch die Muskeltemperatur erhöht und die Durchblutung gefördert wird.

Zu den physikalischen Therapien gehört auch die Tecar-Therapie®, die bei der  Behandlung des Piriformis-Syndroms sehr effizient ist, wenn bei der Ausführung der Piriformis-Muskel mit dem Handstück massiert wird.
Viele meiner Patienten fragen, ob die Anwendung der Magnettherapie sinnvoll ist; diese Behandlungsform hilft bei Knochenbrüchen und Arthrose, für die Muskeln ist sie jedoch nicht geeignet.
Sehr wirkungsvoll ist dagegen die myofasziale Manipulation, die für den Patienten zwar schmerzhaft ist, aber den Vorteil besitzt, dass hier die Ursache des Problems und nicht die Symptome behandelt werden.
Der Piriformis-Muskel muss auch dann behandelt werden, wenn der Patient nur wegen Kreuzschmerzen in die Praxis kommt, weil dieser Muskel die Rotation des Beckens bewirken und Rückenschmerzen hervorrufen kann.

Die Wiederaufnahme der sportlichen (oder beruflichen) Aktivitäten muss schrittweise erfolgen.
Man sollte sich angewöhnen, die Geldbörse nicht in der Gesäßtasche aufzubewahren; nachts hilft ein zwischen die Beine gelegtes Kissen, den Muskel zu entspannen.

Es gibt Orthopäden, die den Piriformis-Muskel operativ befreien, aber die Ergebnisse sind nicht besonders gut und es bleibt eine Narbe von etwa 8-10 cm Länge auf dem Gesäß.

 

Welche Sportarten können ausgeübt werden?

Fahrradfahren kann Schmerzen bereiten, deshalb sollte abgewartet werden, bis eine vollständige Heilung erfolgt ist.
Beim Laufen verschlimmern sich die Symptome in der Regel nach wenigen Minuten, somit ist davon abzuraten.
Freistilschwimmen ruft normalerweise keine Beschwerden hervor, wenn der Sportler die Beine locker hält; auch Rückenschwimmen ist möglich; Brustschwimmen dagegen ist zu vermeiden.

 

Natürliche Heilmittel

Eine Kältebehandlung verzögert den Heilungsprozess, außerdem lassen sich durch die tiefe Lage des Piriformis-Muskels nicht einmal die Schmerzen kurzfristig lindern.

Es gibt keine Studien über die Wirksamkeit der Piriformis-Muskel-Massage oder Rolfing, aber diese Therapie hat spannungslösende und lockernde Wirkung und vermindert somit den Druck auf den Ischiasnerv; außerdem löst sie verklebte Narbenadhärenzen.
Der einzige negative Aspekt sind die Schmerzen bei der Behandlung.

Man kann eine Selbstmassage des Gesäßmuskels durchführen; dazu einen Tennisball auf den Stuhl legen und mit dem Piriformis-Muskel auf den Ball setzen. Dann mit dem Körper nach vorn und hinten bewegen, sodass der Muskel durch den Ball massiert wird.
Diese Massage ist auch für Schwangere geeignet.

Werden die Behandlungsmethoden für eine Ischialgie angewendet, werden die gewünschten Ergebnisse deshalb nicht erzielt, weil man die Beschwerden einer anderen Erkrankung behandelt.

Akupunktur ist beim Piriformis-Syndrom ungeeignet.

Die Ärzte raten oft zu Dehnübungen, aber diese Art der Gymnastik heilt den Patienten nicht, sondern kann einen Tag lang eine Verschlimmerung der Symptome bewirken.

 

Wie lang dauert die Genesung? Die Heilungsprognose bei Piriformis-Syndrom

Man kann die Heilungszeiten nicht vorhersagen.
Wenn der Patient nur am Piriformis-Syndrom leidet und keine weiteren Beschwerden im Lenden- oder Kreuzbeinbereich bestehen, kann er bei zweckmäßiger Behandlung in wenigen Sitzungen (etwa 3 Wochen) gesund werden.
Leidet der Patient zusätzlich an Kreuzschmerzen (beispielsweise bei Entzündung des Ischiasnervs), können die Symptome monatelang anhalten.

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