Gilbert-Meulengracht-Syndrom
Bei einem Menschen mit Gilbert-Meulengracht-Syndrom ist die Leber nicht in der Lage, ein braungelbes Pigment in der Galle, das sog. Bilirubin, konstant zu verarbeiten.
Dies führt zu einem erhöhten Bilirubinspiegel im Blut (Hyperbilirubinämie) und verursacht einen Ikterus, eine charakteristische Gelbfärbung von Haut und Augen.
Trotz des gelblichen Aussehens des Patienten funktioniert die Leber normal.
Das Gilbert-Meulengracht-Syndrom führt nicht zu Leberzirrhose, Fettleber oder Lebertumor.
Funktioniert die Leber ordnungsgemäß, filtert sie Verunreinigungen und Gifte aus dem Körper, verarbeitet Proteine und Kohlenhydrate und spaltet Fette durch die Gallenflüssigkeit, die in der Gallenblase gespeichert ist.
Das Gilbert-Meulengracht-Syndrom wird meist in der Adoleszenz erkannt.
Menschen mit dieser Erkrankung haben Episoden einer leichtgradigen Hyperbilirubinämie, die auftritt, wenn der Körper Stress erfährt (Dehydratation, langes Fasten, Krankheiten, intensive körperliche Aktivität oder Menstruation).
Inhalt
Ursachen des Gilbert-Meulengracht-Syndroms
Das Gilbert-Meulengracht-Syndrom ist eine erbliche Erkrankung, die durch ein abnormales Gen verursacht wird.
Dieses Gen kontrolliert ein Enzym, das dem Abbau des Bilirubins in der Leber dient.
Ist dieses Gen unwirksam, sammelt sich eine überschüssige Menge von Bilirubin im Blut an.
Die Erkrankung überträgt sich nicht von Mensch zu Mensch und es ist keine Infektionskrankheit.
Wie wird Bilirubin verarbeitet?
Bilirubin ist ein gelbliches Pigment, das gebildet wird, wenn der Körper die alten roten Blutkörperchen abbaut.
Das Bilirubin wandert über den Blutkreislauf bis in die Leber. Diese Verlagerung geschieht durch die Bindung an ein Protein, das sich Ligandin nennt.
Normalerweise spaltet ein Enzym in den Leberzellen das Bilirubin auf und entfernt es aus dem Blutkreislauf.
Das Bilirubin wandert zusammen mit der Galle von der Leber zum Darm und wird dann mit dem Stuhl ausgeschieden.
Eine geringe Menge an Bilirubin verbleibt in der Blutbahn.
Wie erfolgt die Übertragung des abnormen Gens auf das Kind?
Der Gendefekt, der das Gilbert-Meulengracht-Syndrom verursacht, ist weit verbreitet.
Viele Menschen haben ein Exemplar dieses abnormen Gens in der DNA, doch um ein Gilbert-Meulengracht-Syndrom zu verursachen, sind zwei Exemplare erforderlich.
Welche Gene sind mit dem Gilbert-Meulengracht-Syndrom verbunden?
Mutationen, die an das Gen UGT1A1 gebunden sind, können das Gilbert-Meulengracht-Syndrom verursachen.
Diese Gene enthalten die Instruktionen, um ein Enzym herzustellen, das UDP-Glucuronosyltransferase (UDP-GT) genannt wird.
Dieses Enzym findet sich vor allem in den Leberzellen und ist erforderlich, um das Bilirubin aus dem Körper zu entfernen.
Das Enzym UDP verursacht eine chemische Reaktion, die Glucuronidierung genannt wird. Bei dieser Reaktion überträgt das Enzym die Glucuronsäure auf unkonjugiertes Bilirubin und verwandelt es in konjugiertes Bilirubin.
Die Glucuronidierung macht Bilirubin wasserlöslich und somit kann es aus dem Körper ausgeschieden werden.
Menschen mit Gilbert-Meulengracht-Syndrom haben etwa 30 % funktionierende UDP-Enzyme. Die Folge ist, dass das unkonjugiert Bilirubin nicht schnell genug glucuronidiert. Diese toxische Substanz häuft sich somit im Körper an und verursacht einen erhöhten Bilirubinspiegel.
Doch nicht alle Menschen mit einer genetischen Mutation entwickeln eine Hyperbilirubinämie. Dabei muss auf andere Erkrankungen verwiesen werden, die den Prozess der Glucuronidierung behindern.
Zum Beispiel können rote Blutkörperchen viel zu schnell zerfallen und lassen vermehrt Bilirubin frei, das von dem veränderten Enzym nicht verarbeiten werden kann.
Außerdem kann der Transport des Bilirubins in die Leber verändert sein. Diese Faktoren können durch Veränderungen in anderen Genen hervorgerufen sein.
Was sind die Symptome des Gilbert-Meulengracht-Syndroms?
Die meisten Menschen, die von dem Gilbert-Meulengracht-Syndrom betroffen sind, wissen dies nicht. Die Bilirubinwerte liegen im Normbereich und erhöhen sich nur in seltenen Fällen leicht.
Hauptsymptom ist der Ikterus: eine Schattierung, die sowohl an der Haut als auch in den Augen zum gelblichen neigt, wenn sich das Bilirubin erhöht.
Symptome können deutlicher werden bei:
- Krankheit,
- Fasten
- Infektion,
- Dehydratation,
- Stress,
- Müdigkeit,
- Menstruation,
- zu hartem Training (übermäßige Anstrengungen).
Auch wenn die Bilirubinwerte fast nie eine gefährliche Höhe erreichen, kann der auftretende Ikterus beunruhigend sein.
Das Gilbert-Meulengracht-Syndrom kann sich mit folgenden Symptomen manifestieren:
- Appetitverlust,
- Übelkeit,
- Abgeschlagenheit,
- Schwäche,
- dunklem Harn,
- Bauchschmerzen.
Diagnose des Gilbert-Meulengracht-Syndroms
Es besteht ein Verdacht auf ein Gilbert-Meulengracht-Syndrom, wenn der Patient erhöhte Werte von unkonjugiertem Bilirubin aufweist, ohne dass dafür eine Ursache ersichtlich ist.
Der Arzt kann verschiedene Blutuntersuchungen und eine Echographie der Leber anordnen, um sicherzugehen, dass es keine andere medizinische Ursache dafür gibt.
Der Bilirubinspiegel im Blut kann sich rasch ändern, daher wird die mindestens zweimalige Wiederholung der Untersuchungen empfohlen.
Die Untersuchung der DNA im Labor kann die erhobene Diagnose bestätigen, obwohl genetische Tests nicht immer verfügbar und erforderlich sind.
Die Werte anderer Leberenzyme (Gamma GT, AST und ALT) sind nicht verändert.
Gilbert-Meulengracht-Syndrom bei Säuglingen und Kindern
Neugeborene bilden gegenüber Erwachsenen mehr Bilirubin, weil ihre roten Blutkörperchen eine geringere Lebensdauer haben und die Erneuerung dieser Zellen viel schneller erfolgt.
Die Folge ist, dass bei Säuglingen mehr rote Blutkörperchen sterben als bei Erwachsenen, somit bildet sich eine größere Menge an Bilirubin, wenn die Blutzellen abgebaut werden.
Folglich haben Kleinkinder einen physiologischen Neugeborenenikterus, doch wenn sie zudem am Gilbert-Meulengracht-Syndrom leiden, wird die Situation viel ernster.
Welches ist die Therapie beim Gilbert-Meulengracht-Syndrom?
Beim Gilbert-Meulengracht-Syndrom ist keine Behandlung erforderlich.
Menschen mit Gilbert-Meulengracht-Syndrom führen ein normales und gesundes Leben.
Diese Erkrankung beeinträchtigt die Lebenserwartung nicht.
Manchmal kann für kurze Zeit ein Ikterus auftreten, der jedoch kein gesundheitliches Problem darstellt.
Barbiturate können vorübergehend den Ikterus verringern, doch ist dies mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden und man sollte besser mit dem Arzt darüber sprechen.
Bei einem Gilbert-Meulengracht-Syndrom sollte man folgende Medikamente vermeiden:
- Atazanavir und Indinavir (zur Behandlung einer HIV-Infektion)
- Gemfibrozil (ein Mittel zur Senkung erhöhter Blutfette)
- Statine (ein cholesterinsenkendes Arzneimittel), wenn sie zusammen mit Gemfibrozil eingenommen werden
- Irinotecan (zur Behandlung bei fortgeschrittenem Darmkrebs)
Diät und Ernährung beim Gilbert-Meulengracht-Syndrom
- Man sollte Hülsenfrüchte, Nüsse, Samen, Obst und Gemüse, Rote Beete, Artischocken, Karotten, Kurkuma und Lecithin in den Speiseplan aufnehmen. 40 % der Ernährung sollte aus rohem Obst und Gemüse bestehen (vor allem grünem Blattgemüse).
- Acht Gläser Wasser oder nach Belieben auch Zitronenwasser pro Tag trinken.
- Verarbeitete oder raffinierte Nahrungsmittel, raffinierten Zucker, fette und frittierte Speisen, Junkfood, Kaffee, schwarzen Tee und Erfrischungsgetränke sollte man vermeiden. Keine übergroßen Portionen essen, lieber kleine und regelmäßige Mahlzeiten einnehmen.
- Margarine oder ähnliche Produkte, die aus hydrierten Fetten gewonnen werden, vermeiden.
- Künstliche Süßstoffe vermeiden.