Akute und chronische Mittelohrentzündung

Die Otitis media ist eine Entzündung des Mittelohres, also des Hohlraums zwischen:

    • Äußerem Gehörgang,
    • Innenohr.

Das Mittelohr wird gebildet von:

  • Trommelfell, ein zartes Häutchen, das vibriert, wenn Schallwellen an das Ohr gelangen;
  • Gehörknöchelchenkette (Hammer, Amboss und Steigbügel), die die Vibrationen verteilen und an das Innenohr weiterleiten;
  • Die Eustachische Tube ist eine dünne Röhre, die vom Innenohr zu den hinteren Nasenräumen führt und dazu dient:
    • Den normalen Luftdruck im Innenohr aufrecht zu halten,
    • Den Schleim und andere Absonderungsprodukte aus dem Mittelohr abzutransportieren.

Schwillt die Tube an oder ist verstopft, kann der Schleim nicht normal aus dem Mittelohr fließen, was leicht zu Infektionen führen kann.

Am häufigsten sind Kinder zwischen 3 Monaten und 3 Jahren betroffen:

  1. Kleine Kinder haben ein noch unreifes Immunsystem,
  2. Die Eustachische Tube ist bei ihnen horizontal angelegt, während sie bei Erwachsenen schräg verläuft, da der Rachen tiefer liegt und bei Erwachsenen ein Katarrh und Sekretionen zum Rachen abfließen, hingegen bei Kindern im Mittelohr verbleiben.
  3. Die Eustachische Tube ist kurz, daher verbreitet sich eine Entzündung im Hals schneller.

Bei Kindern erfolgt das oftmals beidseitig.
Das kann aber auch bei Erwachsenen auftreten.

 

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Inhalt

Entwicklung der akuten Mittelohrentzündung – Pathophysiologie

Viele Mittelohrerkrankungen haben ihren Ursprung in Infektionen der oberen Atemwege, vor allem von Nase und Rhinopharynx (Nasenrachenraum).
Ist eine Mensch erkältet:

Die Infektion verursacht ein Ödem (Schwellung) der Eustachischen Tube.

Die Folgen sind:

  • Behinderter Luftdurchlass,
  • Bildung von Unterdruck im Mittelohr, der Flüssigkeiten von den Außenwänden anzieht (Transsudat).

Die Flüssigkeit sammelt sich an und verursacht eine seröse oder sekretorische Ohrenentzündung.
Diese Situation ist bei Kindern mit vergrößerten Rachenmandeln typisch.
Bei einer bakteriellen Superinfektion (sekundär) kommt es zu einer Ohrenentzündung mit Eiteransammlung in der Paukenhöhle, was verursacht:

Ist die Eiteransammlung ausgeprägt, kann man das Trommelfell eröffnen.
Die Folge ist eine Otorrhö (Eiteraustritt aus dem Ohr).
Gewöhnlich geht die akute Mittelohrentzündung folgenlos vorüber, die Perforation verschließt sich wieder, außer wenn die Keime besonders aggressiv sind und zu einer teilweisen Nekrose des Trommelfells führen.
Eine bleibende Perforation des Trommelfells durch eine akute Mittelohrentzündung ist sehr selten.

 

Mittelohrentzündung beim Kind

Ein Kind mit dieser Erkrankung leidet unter einer Hörminderung, hat jedoch nicht:

Das Kind:

  • Hält immer den Mund offen,
  • Atmet schlecht,
  • Hat eine laufende Nase,
  • Ist unaufmerksam.

Schmerzen treten auf, wenn die Absonderung von Flüssigkeiten von einer akuten Ohrenentzündung überlagert wird.
Ein Kind, das Flüssigkeit aus dem Ohr absondert, entwickelt häufig eine akute Ohrenentzündung. Manche Kinder entwickeln jedoch in dieser Situation niemals eine Ohrenentzündung.
Das Transsudat sammelt sich als Flüssigkeit an, doch im Laufe der Zeit wird diese dickflüssig wie Klebstoff oder Zahnpasta.

 

Mittelohrentzündung beim Erwachsenen

Entwickelt sich bei einem Erwachsenen eine chronische Ohrenentzündung, muss auf Folgendes geachtet werden:

  • Bei Kindern sind fast immer vergrößerte Rachenmandeln die Ursache,
  • Bei Erwachsenen können ein einseitiger chronischer Erguss (Ansammlung von Flüssigkeit oder Exsudat) mit Hörminderung und das Gefühl eines verstopften Ohres auf ein ernstes Gesundheitsproblem hinweisen, wie z.B. einen aggressiven bösartigen Tumor.
  • Diese Beschwerden verursachen keine Schmerzen, sondern sind anfangs nur gekennzeichnet durch einen Erguss oder einen Verschluss der Eustachischen Tube.

 

Akute Mittelohrentzündung

Trommelfell, Rötung, Schwellung, Auswärtsdrehung
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Die Infektion des Mittelohres tritt abrupt auf und verursacht dabei Schwellung und Rötung.
Eine akute Mittelohrentzündung kann:

  • Einhergehen mit einem Katarrh, wenn Flüssigkeit und Schleim hinter dem Trommelfell eingeschlossen sind und eine leichte Form der Ohrenentzündung besteht, die spontan heilt, doch auch Wochen und Monate andauern kann.
  • Eitrig sein, wobei die schwerste Form der Ohrenentzündung durch eine Infektion gekennzeichnet ist, die zur Eiteransammlung hinter dem Trommelfell führt. Symptome und Folgen für das Kind sind hohes Fieber, pulsierender Ohrenschmerz, vorübergehende Hörminderung und eine Perforation des Trommelfells.
  • Bullös blutend sein, eine Art der Ohrenentzündung, die oftmals im Rahmen einer Grippe auftritt, bei der sich Bläschen auf der Trommelfellmembran bilden, die zerreißen und zu Blutungen aus dem Gehörgang führen können.
  • Barotraumatisch sein, was aufgrund einer plötzlichen Änderung des Luftdrucks auftritt, die das Ohr nicht ausgleichen kann, zum Beispiel beim Tauchen oder Fliegen. Erfolgt die Druckänderung schnell, kann das zu Schäden am Trommelfell und zu Schmerzen führen.

 

Chronische Mittelohrentzündung

Hierbei handelt es sich um eine Komplikation der akuten Mittelohrentzündung. Es besteht eine chronische Infektion (oder eine über mindestens sechs Wochen fortbestehende Infektion) des Mittelohres, die zu deutlichen Schäden des Mittelohrs und des Trommelfells mit Schwächung des Hörvermögens führen kann.

Die chronische Ohrenentzündung ist nicht schmerzhaft (im Gegensatz zur akuten), doch wenn sie nicht behandelt wird, können sich daraus schwerwiegende Schäden entwickeln.

Die Haupteigenschaft der Ohrenentzündung ist die Leitungsschwerhörigkeit: Das Transsudat füllt die Paukenhöhle aus, verhindert teilweise die Schallübertragung und verursacht damit eine Schwerhörigkeit und das Gefühl von verstopften Ohren.
Patienten mit dieser Ohrenentzündung haben jedoch kein Fieber und keine Schmerzen.
Man unterteilt die Ohrenentzündung in:

  1. Mit geschlossenem Trommelfell (nicht perforiert),
  2. Mit offenem Trommelfell (perforiert),
  3. Cholesteatomatös.

Der Begriff „Otitis“ bedeutet nicht immer eine bakterielle Infektion oder Eiteransammlung, sondern nur die Ansammlung von Absonderungen.

1) Chronische Ohrenentzündung mit geschlossenem Trommelfell

Bei der chronischen Ohrenentzündung mit geschlossenem Trommelfell ist dieses nicht perforiert, jedoch stark zurückgezogen. Sie wird unterteilt in:

  • Transsudative Form,
  • Fibroadhäsive Form.
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© Massimo Defilippo

Chronische transsudative Mittelohrentzündung

Die chronische transsudative Mittelohrentzündung (serös oder seromukös) entwickelt sich bei erkälteten Kindern oder Erwachsenen.

Die Diagnose ist schwierig zu stellen, denn das Trommelfell ist nicht:

  • Gerötet,
  • Perforiert.

Man erkennt nur das Transsudat in der Paukenhöhle.

Die Membran des Trommelfells ist nach innen „eingesogen“. Es bildet sich eine Tasche (begrenzter Bereich) in der zurückgezogenen Membran.

Diese Abweichung entwickelt sich über mehrere Jahre.

In den schwerwiegendsten Fällen wird das Trommelfell aufgrund des Ergusses in der Paukenhöhle (Mittelohr) undurchsichtig.

Fast immer ist die Ursache eine Erkrankung von Nase oder Rachenraum:

Andere Ursachen der chronischen Mittelohrentzündung sind anatomische Fehlbildungen, die sich auf die Eustachische Tube auswirken:

  1. Die Gaumenspalte führt zu einer Muskelfehlfunktion: beim Schlucken öffnen die Tensormuskeln des Gaumens die Eustachische Tube, doch wenn eine Person eine Gaumenspalte hat, funktioniert dieser Mechanismus der Tensormuskeln nicht richtig,
  2. Anatomische Anomalien wie das Down-Syndrom.

Chronische fibroadhäsive Mittelohrentzündung

Hierbei handelt es sich um die Weiterentwicklung einer transsudativen Mittelohrentzündung.

Ein Kind, das seit langer Zeit unter einem Erguss und einer Stenose (Verengung) der Eustachischen Tube leidet, kann diese degenerative Veränderung des Ohres aufgrund mangelnder Luft haben.

Nach vielen Jahren hat der Erguss nicht mehr eine flüssig-klebrige Konsistenz, sondern kann zu einem fibrösen Gewebe werden und zu narbenartigen Verklebungen führen.

Die Folgen sind:

  • Ein eingezogenes Trommelfell,
  • Verlust der Faserschicht, sodass das Trommelfell immer dünner wird.
Einzug, Trommelfell
© Massimo Defilippo

Die linke Abbildung zeigt die Untersuchung mit dem Otoskop bei einem Patienten mit chronisch adhäsiver Ohrenentzündung.

Die Trommelfellmembran ist noch in Höhe des Anulus vorhanden, doch im Zentrum hängt sie an der mittleren Wand an und man kann daher Strukturen erkennen, die normalerweise nicht sichtbar sind:

  • Hammer,
  • Amboss,
  • Steigbügel,
  • Sehne des Steigbügels,
  • Promontorium,
  • Rundes Fenster,
  • Ovales Fenster,
  • Geisichtsnerv.

Der Patient hat einen deutlichen Hörverlust, denn die Lufthöhle besteht nicht mehr, die ermöglicht:

  • Schwingungen des Trommelfells,
  • Schwingungsübertragung auf die Gehörknöchelchenkette.

Die Knöchelchen können unbeweglich werden und Kalzifikationen (Kalkablagerungen) bilden.
Die chronische transsudative Ohrenentzündung ist irreversibel, während die fibroadhäsive reversibel ist.
Symptome:

  1. Schallleitungsschwerhörigkeit oder Schwerhörigkeit gemischten Grades,
  2. Tinnitus.

2) Chronische Ohrenentzündung bei offenem Trommelfell

Sie kann auf zwei Arten auftreten:

  • Einfach,
  • Cholesteatomatös.

In diesem Fall besteht eine Perforation oder ein Loch.

Einfache chronische Mittelohrentzündung

Es gibt verschiedene Typen mit unterschiedlicher Charakteristik:

  • Bestehende Schäden: unten, oben, zentral usw.
  • Es sind zentrale Teile oder auch Ringbereiche betroffen.

Eine Perforation, die nur den zentralen (marginalen oder parazentralen) Teil betrifft, aber die Gehörknöchelchen und den Anulus (Faserknorpel, der die Trommelfellmembran umgibt) intakt lässt, führt nur zu geringgradigem Hörverlust.

Der Patient muss keine Beschwerden haben, sollte aber im Meer oder im Schwimmbecken nicht schwimmen, da dies eine schmerzhafte Mittelohrentzündung verursachen könnte.

Manchmal ist das perforierte Trommelfell in der Lage, sich selbst zu reparieren, doch bilden sich Refraktionstaschen ohne die intermediäre Faserschicht. Somit bleiben lediglich bestehen:

  • Eine Hautschicht,
  • Eine Schicht aus respiratorischer Schleimhaut.

Da keine Zwischenschicht vorhanden ist, zieht sich das Trommelfell zurück und haftet am Promontorium (dem Teil des Mittelohrs, der mit der Schnecke in Kontakt ist), dem Amboss und der Sehne des Steigbügels.

Bei chronischer eitriger Ohrenentzündung (eitrig oder granulomatös) kommt es auch zur Entzündung des Mastoids und zu chronisch eitriger Absonderung. Es kann leicht eine Verschlimmerung auftreten.

Das Trommelfell kann auch durch eine kräftige Ohrfeige perforieren, wenn sie einen ausreichend hohen Druck erzeugt.

Symptome der chronischen Mittelohrentzündung bei offenem Trommelfell

  1. Schalleitungsschwerhörigkeit/kombinierte Schwerhörigkeit, abhängig von:
    • Stelle der Perforation,
    • Größe der Perforation,
    • Erosion der Gehörknöchelchen.
  2. Sekretionen aus dem Ohr bei eitriger Ohrenentzündung. Wenn der Betreffende morgens das Kopfkissen beschmutzt vorfindet,
  3. Tinnitus (Brummen in den Ohren),
  4. Ohrenschmerzen (nur bei erneutem Auftreten einer Entzündung)

Bei einer nicht eitrigen Ohrenentzündung bestehen die Symptome nur in leichtgradiger Hörminderung und Tinnitus. Es können leichte Schmerzen auftreten, jedoch nur dann, wenn der Patient unter Wasser ist.
Der Hörverlust hängt von Größe und Sitz der Verletzung ab.
Eine kleine Trommelfellperforation verursacht nur eine geringe Hörminderung.
In fortgeschrittenem Zustand kommt es auch zur Zerstörung der Gehörknöchelchen (Hammer, Amboss und Steigbügel), in einem solchen Fall ist der Hörverlust auffallend.

 

Chronische cholesteatomatöse Mittelohrentzündung

Cholesteatom, angeboren Gewebemasse
© Massimo Defilippo

Das Cholesteatom ist eine schwerwiegende Pathologie, die in der Vergangenheit auch tödlich sein konnte, wenn sie zu spät diagnostiziert wurde.
Das Cholesteatom ist ein Plattenepithelgewebe, das anstelle des Zylinderepithels in der Paukenhöhle wächst.
In der Folge kommt es zur Schuppenbildung dieses Gewebes.
Die Schuppen aus Keratin:

  • Häufen sich an und bilden eine Gewebemasse, die zunehmend weiter wächst,
  • Sie erzeugen Enzyme, die zur Zerstörung der umgebenden knöchernen Strukturen führen.

 

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