Operation bei Fraktur der Tibia

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Operation bei Fraktur der Tibia
Operation bei Fraktur der Tibia

Die externe Fixierung ist die derzeit am häufigsten verwendete Methode zur Versorgung von komplexen Brüchen, wie Schaftfrakturen, die sich bis zur Metaphyse und zum Gelenk ausdehnen, bei ausbleibender oder verspäteter Konsolidierung und bei Frakturen mit Infektionen.


Der Fixateur externe gehört zur Standardtherapie bei offenen Brüchen und bei Patienten mit Mehrfachverletzungen.
Die Vorteile dieser außen befestigten Haltevorrichtungen liegen in der einfachen Anwendung, hohen Stabilität, guten Zugriffsmöglichkeit auf die untere Gliedmaße zur Wundversorgung und zur Behandlung des Weichteilgewebes; außerdem wird ein frühzeitiges Gehen ermöglicht.

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Fixateur externe, Röntgenbild einer Schienbeinfraktur.

Der Hauptnachteil der externen Fixateure ist die hohe Quote an  Komplikationen, die in Zusammenhang mit der Haltestruktur auftreten.
Ein Großteil hat mit den Nägeln zu tun: Infektionen der Nägel, Lockerung und Bruch.
Die hohe Zahl an Infektionen lässt sich durch akkurates Einführen der Fixateur-Pins und eine gewissenhafte Kontrolle des Pinverlaufs verringern.
Das Risiko erhöht sich, je länger der Fixateur am Knochen befestigt ist, deshalb sollte sich diese Fixierung auf ein Minimum beschränken.

Weitere operative Verfahren sind: Dynamisierung, Knochenverpflanzung und die Einführung von intramedullären Nägeln.

Die intramedulläre Nagelung ist die zweckmäßigste Methode bei Schaft-Frakturen von Röhrenknochen.

Die wichtigste Indikation für die Verwendung eines intramedullären Nagels sind instabile Schienbeinschaftfrakturen.

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Intramedullärer Nagel, mit 3 Schrauben am Schienbein befestigt.

 

Ausschlaggebende Faktoren, die eine Fraktur als instabil einstufen, sind die Schwere der Weichteilverletzungen, der Gelenkextensionsradius, eine anfängliche Vollverschiebung der Bruchstücke und eine Fragmentierung, die 50% des Knochenumfangs überschreitet.
Bestehen Querfrakturen oder Wadenbeinfrakturen ist dies ein Anzeichen dafür, dass der Aufprall mit hohem Energieaufwand erfolgt ist und eine konservative Behandlung somit nicht in Frage kommen dürfte.

Behandlungsziele

Das Behandlungsziel liegt in der Fusion des Knochens innerhalb eines angemessenen Zeitraums. Die Ergebnisse müssten mit denen einer konservativen Behandlung vergleichbar sein.
Die intramedullären Nägel sind ideal bei geschlossenen Schaftbrüchen, Schräg-, Quer- und einfachen Frakturen, mit oder ohne Fragmentierung.
Indikation ist die Ausdehnung einer Schaftfraktur zum proximalen (körpermittenah) und distalen (körpermittefern) Knochenende (Metaphyse).

Die Dynamisierung ist eine Vorgehensweise, bei welcher der Fixateur externe modifiziert wird, um Axialdruck und Mikrobewegungen zu ermöglichen, ohne eine Drehung zuzulassen und die Achsausrichtung zu verlieren.
Dies ist deshalb sinnvoll, weil die Mikrobewegungen des Nagels und der Axialruck die Bildung des Knochenkallus begünstigen und beschleunigen.
Mikrobewegungen von 0,5 mm sind ideal; sind sie größer, könnten sie Schaden verursachen.

Wurde der intramedulläre Nagel durch zwei oder drei Schrauben befestigt, besteht die Dynamisierung darin, mindestens eine Schraube zu entfernen; zunächst die proximale und später eventuell die distale Schraube.

Die frühzeitige Abnahme der äußeren Haltestruktur und das Anlegen eines Gipsverbands haben unterschiedliche Ergebnisse gezeigt, in der Mehrheit der Fälle mit verzögerter oder ganz ausbleibender Knochenheilung.
Soll das Gestell auch nach der Heilung der Weichteilgewebe am Knochen befestigt bleiben, bis die Fraktur zusammengewachsen ist, sollte in der Frühphase eine hintere/seitliche Knochenverpflanzung  vorgenommen werden.

Der Vorteil dieser Vorgehensweise liegt darin, dass ein großes Knochenvolumen in einen gut durchbluteten Bereich, fern von den vorn und innen gelegenen beschädigten Gewebestrukturen verpflanzt werden kann.
Vor der Durchführung dieser Knochenverpflanzung kann eine Übergangsphase notwendig sein, in der die Wunde mit Antibiotika behandelt wird.

Nach einer Anfangsphase kann der Fixateur externe durch intramedulläre Nägel ersetzt werden, aber das Infektionsrisiko ist relativ hoch.

Gegenanzeigen sind Osteoporose, schlecht kontrollierter Diabetes, ein vorhersehbares unkooperatives Patientenverhalten (Compliance), Hemiplegie (Lähmung einer Muskelgruppe), Tetraplegie (Lähmung aller vier Extremitäten), Paraplegie (Lähmung beider Beine), AIDS- und Hepatitis-B-Virus, sowie schwere Gefäßpathologien.

Postoperative Maßnahmen bei Tibiafraktur

Unmittelbar vor und nach dem Eingriff werden Antibiotika verschrieben (24-48 h). Die Einnahme dieser Medikamente ist eine therapeutische und keine prophylaktische Maßnahme. Antibiotika sollten niemals unzweckmäßig eingesetzt werden, auch nicht bei der Behandlung offener Frakturen.
Der Arzt bringt eine recht sperrige, postoperative Medikation an und das Bein muss für 48 Stunden auf einem Kissenpolster hoch gelagert werden. Der innere Beindruck muss überwacht werden, wenn die Gefahr eines Kompartmentsyndroms besteht.

Wenn es dem Patienten wieder besser geht, kann er sich mit Gehwagen oder Unterarmgehstützen bewegen. Eine Belastung des Beins ist bei Nagelung erlaubt, kommt aber auf den Einzelfall an.

 

Wenn die Wunde sauber und trocken ist, kann die Rehabilitation im Wasser beginnen.
Bei einer einfachen Fraktur, die durch eine nicht sonderlich starke Gewalteinwirkung entstanden ist, kann das gebrochene Bein sofort wieder belastet werden. In den anderen Fällen sollte keine Belastung oder nur eine Teilbelastung erfolgen.
Patienten mit externer Fixierung und Verplattung dürfen das Bein erst dann wieder belasten, wenn auf dem Röntgenbild Heilungszeichen zu erkennen sind.

Bei Trümmerbrüchen mit vielen Bruchstücken empfiehlt sich für einen zusätzlichen Schutz und zur Stimulation einer frühzeitigen Heilung eine funktionelle, gut strukturierte Knieschiene.

 

Kontrollen

Wenn sich der Patient wieder bewegen kann, wird er aus dem Krankenhaus entlassen.

Die Röntgenaufnahmen müssen regelmäßig wiederholt werden.
Fachautoren empfehlen Zeitabstände von 3 Wochen, 6 Wochen, 3 Monaten; der Arzt kann sie weiterhin alle 6 Wochen anberaumen, bis auf den Röntgenbildern deutliche Heilungszeichen zu sehen sind.

Die Funktionstüchtigkeit von Knie- und Sprunggelenk muss während der Knochenheilung komplett wiederhergestellt werden.
Sobald Konsolidierungszeichen erkennbar sind, sollten die Unterarmgehstützen durch einen Gehstock ersetzt werden.
Bei einer verzögerten oder nicht fortschreitenden Konsolidierung ist eine Knochenverpflanzung oder Nagelung die richtige Maßnahme, um die Bruchheilung zu stimulieren.

 

Komplikationen bei Tibiafraktur

Synthesemittel und Knochenfragmente können sich infizieren.
Außerdem kann die Kombination von der beim Unfall entstandenen Verletzungen der inneren Knochenhaut (Endost) und der Nekrose der Knochen beträchtliche Konsequenzen mit sich bringen.
Diese Situation erhöht zusammen mit der Einbringung eines intramedullären Nagels, der mit potentiell kontaminiertem Gewebe in Kontakt steht, die Infektionsrisiken.

Das Kompartmentsyndrom ist ein vorübergehender Druckanstieg in den Muskellogen. Ein Bluterguss im Bereich der Tibialis-anterior-Loge kann das Kompartmentsyndrom verursachen.
Schmerzen im vorderen Kniebereich können eine Komplikation darstellen.
Mögliche Ursachen sind Mehrfachverletzungen, Frakturen anderer Knochen,  Vorhandensein einer proximalen Befestigungsschraube, Schwäche des Oberschenkelquadrizeps, eine unerkannte Knieverletzung und der Schnitt selbst.

Der neurologische Schaden kann wie folgt verursacht werden:

  • durch Längszug,
  • durch übermäßigen Druck wegen zu eng sitzendem Gips oder Orthese,
  • durch die Weichteilverletzungen,
  • durch die Läsion des Wadenbeins.

Weitere Komplikationen: durch die Schrauben verursachte Beschwerden, Beinamputation, verzögerte Konsolidierung und Lockerung oder Bruch der Haltestrukturen.
Ein weiteres Risiko ist eine Lungenembolie und akutes progressives Lungenversagen (ARDS) mit Bildung von Fetttröpfchen im System.

 

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Erklärende Darstellung zur Bildung eines Embolus
Alila/bigstockphoto.com

Das Fettemboliesyndrom wird als komplexe Alteration der Homöostase definiert und tritt als Komplikation nach Beckenfrakturen und Brüchen von Röhrenknochen auf; das klinische Bild entspricht einer akuten Ateminsuffizienz, Funktionsstörung des Gehirns und Hautausschlag.
Dieses Syndrom tritt innerhalb von 48 nach der Verletzung auf.

 

Ergebnisse und Prognose

Behandlungsergebnis und Prognose einer Schienbeinschaftfraktur sind abhängig von der Bruchstelle, dem Ausmaß der Fragmentierung (gleichbedeutend mit der Wucht des Traumas), Grad der Weichteilverletzung, bestehende Begleiterkrankungen (z.B. Diabetes) und Polytrauma.

Schwere Gefäß- und Nervenverletzungen verschlechtern die Aussichten des Patienten.
Die Ergebnisse sind unterschiedlich, aber immer schlechter, wenn eine Beschädigung der Weichteilstrukturen vorliegt. Auch die Retensionsmethode ist ein bestimmender Faktor für Heilungsdauer und Prognose.
Distale Gefäßverletzungen sind eher mit Amputationen verbunden und zeigen schlechtere Ergebnisse, nachdem die Extremität gerettet wurde.

Bei offenen, Quer- oder Stückfrakturen ist die Wahrscheinlich für einen zweiten Eingriff größer.
Das Rauchen und damit verbundene Erkrankungen können die Ursache für eine ausbleibende Konsolidierung darstellen.
Bei einer externen Fixierung erhöht sich die Zahl der Infektionen nach einem erneuten Eingriff zur Einführung der intramedullären Nägel, unabhängig von der bisher durchgeführten Behandlungsform.
Eine verzögerte oder ausbleibende Konsolidierung kommt auch häufig bei Brüchen mit großer Fragmentierung oder Instabilität vor, die konservativ (also nicht operativ) behandelt wurden.
Die Infektionsquote ist besonders hoch bei den konventionellen Operationsverfahren, bei denen eine Platte eingesetzt wird; diese sind somit, falls möglich, zu vermeiden.

Eine lang andauernde Ruhigstellung in einer funktionellen Orthese oder im Gipsverband kann zu schweren Behinderungen führen.
Im Besonderen zeigen diese Behandlungsmethoden die besten Ergebnisse bei Patienten mit Frakturen, die durch geringe Krafteinwirkung entstanden sind.

 

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